11. November 2008

REPORT 25 * U 23 WM Kaohsiung/Taiwan * Zum Schluss

Das Wichtigste zuerst: die U 23 Mannschaft ist wieder zu Hause. 24 Stunden nachdem wir am Sonntagabend Ortszeit Taiwan das Hotel in Kaohsiung verlassen haben, konnte der Reisebus, der uns in Frankfurt am Flughafen abholte die ersten Teilnehmer in Siegburg und in Leverkusen, die letzten in Castrop und Ickern zwar müde, aber glücklich in der Heimat absetzen...
Der Rückflug dauerte länger als unsere Hinreise. Um 20:30 Ortszeit bestieg das Team eine Boing 737 in Kaohsiung zum 40minütigen Flug nach Taipeh. Dort knapp drei Stunden Aufenthalt und dann: "ab nach Hause". Der Rückflug, wieder im Jumbo, Boing 747-800, verlief aber über die Nordroute: China, Russland, nördlich von Sankt Petersburg, nördlich von Helsinki, über die Ostsee, südlich Stockholm über Kiel nach Frankfurt. 12.000 km in 13, 5 Stunden. Wir landeten pünktlich um 6:45 MEZ auf deutschem Boden.
Das Unternehmen "WM in Taiwan" ist nun vorbei. Das Team hat sich 11 Monate darauf vorbereitet. Es wird einen Wechsel in der Mannschaft geben: einige werden zu den Senioren wechseln, einige schaffen das vielleicht nicht, ich hoffe, dass niemand aufhört. Einige jüngere Spieler werden der Auswahlmannschaft weiterhin angehören und dann der "alte Stamm" sein. Aber schauen wir nicht zu weit in die Zukunft. Fest steht: Harold Kuklinski, der Trainer dieser Mannschaft ist es jetzt nicht mehr. Er hat, lange im Voraus, seinen Rücktritt nach dieser WM angekündigt.
Ich sprach mit Harold auf der Rückfahrt von Frankfurt nach Castrop-Rauxel.
Lesen Sie die letzten Eindrücke einer zunächst beendeten Trainerlaufbahn und eines spannenden Turniers in Taiwan.
Harold Kuklinski hat vor 8 Jahren, Mitte 2000, zusammen mit Detlef Dülfer die U16-Nationalmannschaft übernommen. Zu diesem Zeitpunkt war er noch aktiver Spieler bei Adler Rauxel (seit 1998, vorher Spieler in Selm). Seit dieser Anfangszeit sind eine große Zahl von Spielern und Spielerinnen zum Team gekommen und haben es auch wieder verlassen. Zum festen Stamm gehören 9 Korfballer/innen, die auch jetzt mit uns die Reise nach Taiwan unternommen haben. Dies sind: Katrin Hermann, Linda Schiller, Katharina Holtkotte, Julia Müller, Heike Büsing, Martin Schwarze, Henning Schmidt, Lennart Schwirtz, Hendrik Menker.
Die ersten Wettkämpfe der U 16 waren die Turniere "Youth Talent Cup" in NL. Im Jahr 2001 gab es einen sechsten Platz, in 2003 allerdings gelang in Schindel/NL schon ein dritter Platz mit dem deutschen Team.
Nach dem 3. Jahr, als aus der U 16 die U 19 wurde, war Harold alleinverantwortlich für die Auswahlmannschaft.
SchittkowskiWas waren deine größten Erfolge mit der U 19?
KuklinksiDie U19 war schwieriger. Wir erreichten, in der U 19 heißt der Wettkampf "Junior World Cup", kurz JWC in Nordfriesland, in den Jahren 2004 und 2005 jeweils einen 5. Platz.
SchittkowskiUnd was meinst du, war dein schönster Erfolg?
KuklinskiAuf jeden fall die Bronzemedaille bei der Europameisterschaft der U 21 in Portugal.
SchittkowskiDas war schon im Jahr 2006
Kuklinskigenau, auf Portugal haben wir uns 13 Monate lang vorbereitet
Im Jahr 2007 fand kein nennenswerter internationaler Wettkampf statt. Mittlerweile war Harold nicht mehr aktiver Spieler. Nach seinem Engagement bei Adler Rauxel wollte er noch ein Jahr bei Albatros Henrichenburg spielen, das klappte aber verletzungsbedingt nicht mehr. Vor der heißen Phase für Taiwan heuerte Harold noch für eine halbe Saison als Trainer beim KC Grün-Weiss in Castrop-Rauxel an.
SchittkowskiKannst du dich noch an die Kritik von außen erinnern: Vor Portugal sei zu hart trainiert worden!!
KuklinskiJa, ziemlich gut, aber das Ergebnis hat ja gezeigt, dass die Kritik unbegründet war. Ich würde alles jederzeit wieder so machen.
SchittkowskiBeurteile deine Arbeit mit Sportlern, die du von der U16 bis zur U23 betreuen konntest.
KuklinskiDas ist natürlich ein Vorteil, wenn man die gleichen Sportler über einen so langen Zeitraum kennt. In der U 16 war Basisarbeit angesagt, in der U19 haben wir Funktionen trainiert, in der U 21 haben wir Verteidigungssysteme studiert und in der U 23 kam Organistaion und Flexibilität hinzu.
Zwischenkommentar: In der Abflughalle in Taipeh bat ich Katharina Holtkotte um einen Kommentar zu Harold Kuklinski. Antwort: "Harold ist ein guter Trainer mit viel Erfahrung. Das zeigt ja auch sein Engagement als Trainerausbilder. Harold hat individuell das Beste aus jedem herausgeholt. Weil er uns so lange kannte, weil die sportliche Entwicklung so lange dauerte. Er war immer offen und ehrlich. Er hat uns gelehrt, individuelle Stärken zu entfalten, aber trotzdem im Kollektiv kämpfen zu müssen".
SchittkowskiAuf Taiwan habt ihr euch 11 Monate vorbereitet.
KuklinskiJa, unbedingt notwendig. Auch das wir in den letzten Monaten in der heißen Phase gegen starke holländische Gegner trainiert haben, war genau richtig. Gegen unbekannte Gegner zu spielen und festzustellen, dass der Gegner stark ist, ist der beste Test. Es war auch richtig, 12 Tage in Taiwan zu sein.
SchittkowskiWarum hörst du dann nach Taiwan auf?
KuklinskiWeil es der Abschluss einer wunderschönen Zeit war. Das Team war mein "Baby". Ich habe die Entwicklung der Spieler gesehen, alle Spieler sind individuell gute Spieler. Aber jetzt beginnt eine neue Zeit, weil dieses Team nicht mehr zusammenspielen kann. Da ist der Wechsel genau richtig.
SchittkowskiWelchen Wunsch gibst du dem neuen Trainer oder den neuen Trainern für die U 21 mit auf den Weg. Die Stelle ist ja ausgeschrieben, aber noch nicht vergeben.
KuklinskiDaß sie ein tolles Team formen, das an die Leistungen der alten U21/U23 anknüpft. Wichtig sind "Spielen mit Leidenschaft und Emotionen". Wir brauchen Qualität. Und wir brauchen Mut, auch gegen Widerstand unsere sportlichen Ziele durchzusetzen.
SchittkowskiWarum ist Deutschland in Taiwan Siebter geworden?
KuklinskiWeil wir gegen Russland einen "Black out" hatten und weil es in den entscheidenden Augenblicken an unzureichender Teamfähigkeit mangelte. Ein Team muss in einem solchen Mammutturnier in jeder Sekunde zusammenstehen und füreinander kämpfen und an sich glauben.
SchittkowskiDas war in Taiwan nicht immer so?
KuklinskiNein, nicht in jeder Sekunde. Außerdem sind wir nicht so schlecht, wie es der siebte Platz ausdrückt.
SchittkowskiLetztendlich ist es geanu dieser Punkt: Ob die Mannschaft nun Fünfter oder Siebter geworden ist, steht nur auf dem Papier. Das Team war toll. Vielleicht gibt es eine Enttäuschung, weil Bronze vorher als Ziel definiert war. Haben die Spieler und Trainer zuviel gewollt?
KuklinskiIch glaube, die Spieler waren nicht locker genug. Sie haben vielleicht zuviel hinterfragt. In der 2. Halbzeit gegen China klappte unser Spiel nicht ganz so gut und prompt schlichen sich Fehler ein.
Ich bleibe bei meiner Grundeinstellung: Es war richtig, dass ein deutsches Team nach Taiwan geschickt wurde. Dieses Team hat unser Land hervorragend vertreten. Sportlich und auch menschlich hatten wir prima Kontakte und wunderbare Begebenheiten. Auf die finale Platzierung kommt es dabei nicht an. Eine solche Reise wird ein junger Sportler nicht vergessen. Verband und Funktionäre haben weiterhin die Aufgabe, Turnierteilnahmen deutscher Teams zu fördern und zu unterstützen.
SchittkowskiWas war in deiner Trainerzeit der tollste Augenblick?
Kuklinskigrinst, das Bad unter den Fontänen von San Salvo.
Anmerkung: Nach dem Gewinn der Bronzemedaille bei der EM in Portugal badete das deutsche Team im Springbrunnen vor der Halle in San Salvo. Dies war zwar nicht erlaubt, aber tat mit Bronze um den Hals unheimlich gut!!
SchittkowskiUnd was war der schlimmste Augenblick?
KuklinskiDas Spiel gegen Katalonien. Wir führen über einen großen Zeitraum des Spieles, kassieren fünf Sekunden vor Schluss noch einen Strafwurf, müssen in die Verlängerung und kassieren in der letzten Sekunden das golden Goal gegen uns. Das tut weh.
SchittkowskiDeswegen ist Deutschland auch nicht "Siebter".
Kuklinskinein, Siebter ist an der Realität vorbei, wir sind mindestens gefühlter "Fünfter".
SchittkowskiDu bist Lehrer für Sport und Mathematik am Berufskolleg in Lünen. Was machst du morgen?
Kuklinskigrinst, ich war ja 2 Wochen vom Unterricht beurlaubt. Ich habe Stapel von Klausuren auf meinem Tisch liegen, die muss ich korrigieren.
SchittkowskiHast du deinen Sohn Simon schon in einem Korfballverein angemeldet?
Kuklinskigrinst schon wieder Nein, dafür ist noch Zeit.
So wird sich Vater Harold demnächst mehr um seine Familie kümmern können. Es bleibt nur Zeit, Danke zu sagen für eine tolle Trainerzeit mit Harold Kuklinski. Danke für dein Engagement, das viel Zeit in Anspruch genommen hat. Engagement im Sport ist nicht alltäglich. Leuten, die es trotzdem tun, die vor Allem jungen Sportlern neue Erfahrungen, Tipps und Weisheiten auf den Weg geben, muss unbedingt Anerkennung gezollt werden.
Das geht nicht in fünf Zeilen, aber ich hoffe, in dem vorher Gesagten, kommt die Ernsthaftigkeit des Dankes zum Ausdruck.
Ich schließe mich da übrigens an. Danke, dass Sie die U23 in Taiwan begleitet haben. Ich habe eine Menge Resonanzen bekommen, per Mail, per Telefon, persönlich, über das Gästebuch des U 23-Forums. Schön, dass es Ihnen gefallen hat. Es hat auch Spaß gemacht, auch wenn Homepage, Pressetexte, Fotos schießen, laden, speichern, fürs Web anders als für die Presse komprimieren und und und viel Zeit in Anspruch genommen hat, es war eine tolle Zeit. Danke an Julian, der alle meine Ergebnislisten erstellt hat und die Fotos von den Kameras heruntergeladen hat. Und Danke an Regina, die wegen meines Jobs zeitmäßig auf das eine oder andere touristische Highlight verzichten musste.
Danke und viele Grüße
Euer
Jochen Schittkowski
(direkt aus Castrop-Rauxel, grins)