6. November 2008

REPORT 17 * U 23 WM Kaohsiung/Taiwan * Deutschland - Catalonien 18:19

Deutschland verliert durch Golden Goal in der Verlängerung gegen Catalonien mit 18:19. Nach der regulären Spielzeit hatte es 18:18 gestanden. In der letzten Sekunde der zehnminütigen Verlängerung gelang den Catalonen der Siegtreffer. Das "Golden Goal" katapultiert Catalonien in das Spiel gegen England um Platz 5. Deutschland muss in das Spiel um Platz 7 und 8.
Enttäuschung, Tränen, Fassungslosigkeit und ein bisschen Wut. Das sind die ersten Eindrücke, die ich in diesem Moment aus Kaohsiung übermitteln kann. Korfball war heute Emotion pur !!
Soeben hat die Halle den spannendsten finalen Fight dieser Weltmeisterschaft gesehen. Im Kreuzspiel nach Beendigung der Vorrunde standen sich der Dritte des Pools A und der Vierte des Pools B gegenüber, um den Sieger zu suchen, der am Samstag gegen England ( 13:11 Sieg gegen Tschechien ) um Platz 5 dieser WM spielen wird.
Deutschland gegen Catalonien hiess die Paarung. In der Halbzeit war ich optimistisch, Deutschland führte zwar nur 10 zu 8, aber der Verlauf des Spiels zeigte Vorteile für unsere Mannschaft. 1:0 Führung nach 20 Sekunden durch Katharina Holtkotte, 2:0 Führung nach 4 Minuten durch Sven Müller. Führung! Das war mal was! Nach der hohen Niederlage gegen Russland musste das Team erst wieder aufgebaut werden, um die Realität zu der zuvor aviesierten, aber nach der Russland-Niederlage verpasste Bronzemedaille, zu verarbeiten. Das letzte Gruppenspiel gegen Tschechien war eher von emotionalen Begleitumständen geprägt, als von normalem deutschen Korfballspiel. Konstant wurde der 2 Körbe Vorsprung gehalten. Die Catalonen kamen zwar immer wieder heran, verkürzten auf einen Korb, aber die deutschen Korbschützten konnten die Spieler der iberischen Halbinsel immer wieder auf Distanz halten. Mit 10:8 gingen wir in die Pause. Ich kam zu der Erkenntnis, dass das Spiel der deutschen Mannschaft sicherer war, als in den beiden Spielen zuvor. Es wurde gut kombiniert, das Zusammenspiel klappte wieder und die Nervösität war verflogen. "Deutschland wollte dieses Spiel gewinnen" das schien die unausgesprochene Botschaft zu sein, die an Catalonien ging.
In der ersten Halbzeit gab es sogar zwischendurch 3-Körbe-Vorsprünge. Die athletische, befreitere und souveränere Vorstellung des deutschen Teams liess Hoffnung aufkommen.
Alleine Fehler bei der Korbausbeute liess die Korbdifferenz nicht höher ausfallen.
Nach der Halbzeit verkürzte Catalonien allerdings nicht nur auf 9:10, sondern glich 1 Minute später sogar aus. Deutschland schaffte zwar wieder einen 2-Körbe Vorsprung zum 13:11, aber Catalonien liess nicht locker. Zum 15:15 gab es wieder einen Ausgleich! Noch 10 Minuten zu spielen! Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde klar, dass die Kräfte und die Disziplin Cataloniens offensichtlich immer größer wurden. Als Catalonien erstmals mit 16:15 in Führung ging, wurde deutlich, dass ab jetzt jeder Ballverlust zum entscheidenden Nachteil für Deutschland werden konnte. Noch 8:30 Minuten zu spielen. Welch eine Wendung: immer geführt und kurz vor Ende wendet sich das Blatt gegen Deutschland! 4 Minuten vor Ende glich Hendrik Menker zum 16:16 aus. Sven Müller traf zum 17:16, Linda Schiller erhöht auf 18:16. Wieder ein zwei-Körbe Vorsprung! Jetzt musste doch alles klar sein!!
War es aber nicht.
Es wurde auf beiden Seiten gekämpft. Anschlusstreffer Catalonien zum 18:17. Höhepunkt einer hochdramatischen Schlussphase: 5 Sekunden vor Schluss erhielt Catalonien einen 2,50 m Strafwurf vom taiwanesischen Schiedsrichter und verwandelt sicher. In der Schlusssirene gingen die Wutschreie der deutschen Bank unter. Maximal weitere 10 Minuten würden sich diese beiden Teams in der Verlängerung gegenüberstehen.
Verlängerung: Hier gilt die Regel des "golden goals", wer zuerst trifft, hat das Match gewonnen. Es dauerte geschlagene 9 Minuten und 59 Sekunden, bis es zur Entscheidung kommt. In der Schlusssekunde traf Catalonien zum entscheidenden Treffer und zieht als Matchwinner des Spieles SF 4 in das Spiel um Platz 5 ein.
Kommentierung der Trainer Harold Kuklinski und Henning Eberhardt: "Wir haben heute einen guten deutschen Angriff gesehen, aber leider zum Schluß unglücklich agiert. Wir machen den Team ein Kompliment zu dieser Leistung. Es ist eben bitter, wenn man am Ende auf diese Weise verliert." Die Trainer weiter: "Im Gegensatz zum Russlandspiel war dies eine Niederlage mit Charakter. Und den brauchen wir morgen wieder.”
Den deutschen Spielern und Spielerinnen muss Kampfgeist und spielerische Qualität bescheinigt werden. Sie haben ein kampfbetontes und schnelles Spiel gezeigt, sie haben gut engagiert und diszipliniert kombiniert, sie haben das Russlandspiel heute tatsächlich vergessen gemacht.
Es gibt einen Fehler: Sie hat es nicht geschafft, den entscheidenen Vorsprung über die Zeit zu bringen.
Dennoch: Glückwunsch zu dieser Leistung.
direkt aus Kaohsiung * Taiwan
Jochen Schittkowski
Bild: Deutschland 18, Catalonien 17, das war der Spielstand 5 Sek vor Schluss, dann gab der Schiedsrichter einen Strafwurf gegen Deutschland...
Dieser Bericht wird mit einer Fotostrecke im Report 18 fortgesetzt