1. Dezember 2012

... mit dem Basketball rückwärts auf den Korb?

Vielleicht klangen die Erlebnisse und Berichte der Aktiven des Schweriner KC von den Trainingsabenden der letzten Wochen ungewöhnlich bis kaum glaubhaft: Korbwerfen mit dem Basketball? Rückwärts? Auf einem Bein? Kaum zu glauben, aber dennoch wahr. Hier ist die Lösung:
Seit einigen Wochen unterstützt der Schweriner Korfball Club eine Masterarbeit, die am Institut Sport und Sportwissenschaft der Technischen Universität Dortmund am Lehrstuhl von Professor Jaitner, erarbeitet wird.
Sportstudent Hannes Bergmann bearbeitet im Thema seiner Masterarbeit „Differenzielles Lernen im Korfball“ einen nach Professor Dr. Wolfgang Schöllhorn von der Johannes Gutenberg Universitär Mainz am Lehrstuhl für Trainings- und Bewegungslehre entwickelten Lehransatz.
Dieser versucht zu klären, ob und wie weit differenzielles Lernen im Sport wirkt oder im Vergleich zu klassischen Lernmethoden funktioniert.
Der Forschungsansatz von Hannes Bergmann beim SKC sieht dabei zunächst folgendermaßen aus:
In jeder Trainingsgruppe von der F-Jugend bis zur A-Jugend wird das Training in zwei Gruppen unterteilt. Die erste Gruppe trainiert wie gewohnt „klassisch“, die zweite Gruppe trainiert unter Anleitung von Bergmann nach dem differenziellen Lernansatz.
Das Forschungsthema konzentriert sich dabei aufgrund der Fülle der auszuwertenden Daten „nur“ auf den Oberarmwurf. Dabei werfen alle Aktiven beider Gruppen in den Testsituationen 20 mal auf den Korb - aus altersgemäßer Distanz. In der Testsituation ist für alle Sportler der Ablauf gleich. Das Ziel ist, den Ball im Korb zu versenken, den Treffer zu erzielen und den Punkt zu machen. Jeder wirft so, wie man es gelernt hat, wie man meint, den Ball zu werfen, um zum Erfolg zu kommen.
Dabei ist im Grundansatz zu erkennen: Jeder Spieler hat seine eigene Wurftechnik, jeder Wurf ist individuell, niemand hält, atmet, schaut, wirft so, wie sein Trainingskollege. Jeder hält den Ball anders, jeder springt individuell, jeder gibt den Ball zu einem anderen Zeitpunkt aus der Hand, als sein Vereinskollege. Insofern hat bereits der „klassische“ Ansatz einen Hauch von Individualität, obwohl die Trainer nur eine Wurftechnik lehren und sich an einem Technikleitbild orientieren.
Dieser Situation folgend, wird nun nach dem Ansatz des differenziellen Lernens ein Trainingsprogramm im Rahmen der Masterarbeit kreiert, bei dem die zweite Gruppe bewusst differenziell trainiert wird: Hier soll bewusst jeder Wurf variiert werden. Dabei kommt es auch zu „Übertreibungen“, zum Bespiel beim Abwurf von verschiedenen Ebenen. Die zweiten Gruppen werfen vom Hallenboden, auf einer Matte stehend, von einem Stepp-Aerobic-Kasten aus. Es kommt sogar dazu, dass die Sportler mit verschiedenen Bällen werfen sollen oder aus verschiedenen Positionen zum Korb, egal ob aus einer statischen oder aus einer dynamischen Position. Es kommt nicht darauf an, dem klassischen Haltungsmerkmal zu folgen, sondern „untypisch“ zu werfen.
Das Wichtigste dabei ist: es darf kein Wurf zweimal vorkommen, jeder Wurf soll individuell und differenziell sein.
Die Auswertung ist äußerst mühselig: Alle Würfe aller Klassen und aller Gruppen werden gefilmt.
Bei dieser Filmdokumentation werden folgende Aspekte ausgewertet: Trefferquote, Trefferkonstanz, Konstanz der Flugkurve, Haltungsmerkmale, biomechanische Aspekte der Bewegungsausführung u.a.
Natürlich werden diese Analysen zwei Mal durchgeführt, nämlich vor dem Trainingsprogramm und am Ende der Trainingseinheit nach 4 Wochen.
Dies geschieht in 12 Gruppen, nämlich F – A, je 2 Gruppen mit dem Hauptziel, zu erkennen oder zu beweisen, dass der differenzielle Lernansatz bei Kindern und Jugendlichen funktioniert, ob und wie dieser Ansatz anschlägt und verfolgt werden kann oder soll.
Diese Untersuchungen und Prüfungen wurden bereits in den Sportarten Tennis, Fußball, Volleyball, Schwimmen, Handball und Tischtennis durchgeführt. Ferner beim Golf und in der Leichtathletik.
Die Untersuchung beim Korfball ist beim SKC eine Premiere.
Das Ende der Untersuchungen ist vorgesehen für Anfang Januar, denn die Masterarbeit muss Ende Januar bei der TU Dortmund eingereicht sein.
Zur allgemeinen Information sei hier noch ergänzt:
Vorstand und Jugendvorstand SKC haben dieser Untersuchung bereits im Sommer wohlwollend und positiv zugestimmt, die Trainer aller Gruppen ebenfalls. Jeder Teilnehmer der Trainingsgruppen hat sein Einverständnis erklärt, dass Filmaufnahmen gemacht und im Rahmen der Masterarbeit benutzt werden dürfen. Jeder Teilnehmer bleibt anonym. Hannes Bergmann hat zugesagt, dass jeder seine individuellen Trainingsergebnisse bekommen kann.
Natürlich wird es zum Schluss einen Gesprächstermin mit den SKC Trainern geben, in dem das Ergebnis, zu neudeutsch das „feed back“, erläutert wird.
Hannes Bergmann möchte diese Berichterstattung nutzen um bereits an dieser Stelle allen Beteiligten, vor allem Vorstand und Trainern, aber auch allen „Testern“ herzlich für die Unterstützung zu dieser Masterarbeit der TU Dortmund zu danken. Besonders erfreulich dabei ist, dass die Jugendlichen die Trainingsvariationen interessiert aufgenommen haben und dabei mit sehr viel Spaß diese Untersuchung unterstützen.
Für den SKC ist diese Aktion absolut kostenneutral.
Falls jemand weiterreichende Information erhalten möchte, erreicht ihr den Autor der Testreihe unter:
Hier noch ein kurzer Abriss über die sportlichen Tätigkeiten von Hannes Bergmann: Fussball beim SuS Pivitsheide, aktueller Spieler beim SV Wacker Obercastrop/Bezirksliga, aktiver Tennisspieler bei TC Blau-Weiss Bochum-Harpen/Bezirksliga und intensiver Beobachter der SKC-Korfballaktivitäten in der Regionalliga.
Hannes Bergmann studiert im 3. Mastersemster