15. November 2007

Grün-Weiß am Abgrund

Der Ehrenpräsident hatte dem KC Grün-Weiß schon im Frühjahr, während der Jahreshauptversammlung die Leviten gelesen: Seit 20 Jahren habe es das nicht mehr gegeben, dass die "Grün-Weißen" keinen der beiden ersten Plätze in der Verbandsliga belegte, befand er, und seit 30 Jahren nicht mehr, dass überhaupt kein Meistertitel, weder bei den Senioren noch bei den Jugendlichen, an den inzwischen 40 Jahren alten Club ging.
Doch Jochen Brückner konnte bei seinen Aussagen vor wenigen Monaten allerdings nicht erahnen, dass es mit seinem Verein noch weiter bergab gehen werde. Eine vielleicht allzu forsche Aussage von Thorsten Cramer in seiner Funktion als Nationaltrainer löste jetzt eine Lawine an Rücktritten beim deutschen Abonnements-Meister der letzten eineinhalb Jahrzehnte aus. Cramer, der jedoch zugleich "grün-weißer" Präsident bleibt, wirft als Trainer den Hut - oder muss ihn werfen. Zudem ziehen sich drei Leistungsträger aus dem Team zurück.
Die Konsequenzen sind nicht schwer abzusehen. Da tun sich nämlich keine Lücken auf, die eben mal schnell zu schließen sind. Cramer, zunächst als Spielertrainer und seit dieser Saison als Trainer, war schließlich nie mehr als eine Notlösung im positiven Sinn. Auf die Trainerbank hat es ihn nie gedrängt. Er hat die ungeliebte Aufgabe letztlich nur übernommen, weil selbst ein so renommierter deutscher Korfball-Verein wie der KC Grün-Weiß nicht in der Lage war, überhaupt einen geeigneten Übungsleiter für sein Spitzenteam zu finden. Und wie schwer bei den "Grün-Weißen" der Ausfall von (routinierten) Spielern inzwischen wiegt, zeigte sich am Anfang dieser Saison: Ohne die komplette Formation von gerade mal acht Stammkräfte handelte sich der Club gleich zwei Niederlagen in der Regionalliga ein und musste die Teilnahme am Europe Shield mangels personeller Masse sogar absagen.
Vielleicht ist es ihnen nicht bewusst gewesen: Aber womöglich werden jene Athleten, die jetzt nicht mehr mit ihrem Coach zusammen arbeiten wollten, die Quittung für ihre Entscheidung selbst bezahlen müssen: nämlich in ihrem eigenen sportlichen Abschneiden. Die erfolgreichen Jahre der "Grün-Weißen" dürften nun endgültig vorbei sein. Und wenn es schlecht läuft, zum Ende dieser Saison sogar noch die Zugehörigkeit des KC Grün-Weiß zur höchsten deutschen Korfball-Liga. Unter den neuen Voraussetzungen dürfte nun selbst das erste Liga-Spiel nach der Turnierpause beim punktlosen Regionalliga-"Schlusslicht" TuS Wesseling zu einem ersten Endspiel für die "Grün-Weißen" werden. Zu einem ersten Endspiel gegen den Abstieg. - Carsten Loos
15. November 2007 | Quelle: RN-Castrop-Rauxel
von dduelfer