13. März 2020

Ein Kommentar zur aktuellen Lage von Jochen Schittkowski

(JS) Hätte man vor drei oder vier Wochen unsere aktuelle Lage beschrieben, wäre der Autor sicher belächelt worden. Niemand hätte sich ausgemalt, wie schnell die Entwickelung voranschreitet. Auch heute, glaube ich, haben viele von uns noch gar nicht erkannt, was noch vor uns liegt. Die (bis zum 5.4.2020 datierte) Absage des Korfball-Liga-Betriebes ist eine logische Konsequenz der Ereignisse. Es gibt keinen Grund zur Panik. Ruhe und Gelassenheit sind gefragt. Eine Kommentierung durch TK-Leistungssport-Mitglied Jochen Schittkowski
Sehr geehrte Korfball-Freunde*innen,
bei der Frage, ob es Ähnliches, wie jetzt die Situation um das Corona-Virus, schon einmal gegeben hätte, fallen mir nur die autofreien Sonntage in 1973 ein. Als damals 15jähriger bin ich mit dem Fahrrad zur Autobahn gefahren und konnte nicht glauben, dass dort kein einziges Auto fuhr. Das war schon „Science-Fiction“, also „fremde Zukunft“. Allerdings stellt „Corona“ das locker in den Schatten.
Dieser Kommentar versucht die Entwicklung bis hin zu der Liga-Absage von gestern (korfball.de, 12.3.2020) zu erläutern. Er versucht die allgemeine Lage zu beschreiben, ich wage einen Blick auf unsere Korfball-Nachbarn, und gebe einen Ausblick auf die in diesem Jahr anstehenden IKF-Turniere, zu denen wir gemeldet haben.
Erstmals ist dies eine Mischung von „Bericht“ und „Kommentar“, wobei persönliche Einschätzungen überwiegen und nicht unbedingt die Meinung des TK DTB oder des VFK wiedergeben.
Daher ist dieser Schriftsatz auch mit „Kommentar“ überschrieben. Quellenangaben finden Sie/findet Ihr in (Klammern).
Vorab: es ist eine irreale Lage, aber Sie ist nicht so ernst, wie uns einige Presseberichte glauben lassen wollen.
Der Hauptslogan „Ruhe und Gelassenheit“ oft zu widerholen, ist daher wichtig.
Ich meine hauptsächlich dies: Die Berichterstattung der letzten drei Wochen ist explodiert. Presse, Online-Presse, Soziale Medien und vor Allem You-Tube quellen über vor „Informationen“. Gut zu wissen, dass viele gar keine sind, sondern nur Sensationshascherei, die nur zum Ziel hat, Auflagen zu erhöhen oder „Like“-Zahlen nach oben zu treiben, um vielleicht in den Genuss von Werbeeinspielungen zu kommen. Echte Informationen können uns nur Experten geben. Vertraut auf Kommentare der Mediziner vom Robert-Koch-Institut oder von Virologen der Berliner Charitee oder von Wissenschaftlern, die sich mit Infektionsausbreitungen beschäftigen. Es gibt viele andere, sehr seriöse Quellen.
Alles was Politiker sagen, basiert auf der „Erst“-Information der Medizin-Experten und ist schon mal grundsätzlich einmal mehr durch ein politisches Statement „medienpassend“ gemacht. Sozusagen Information aus 2. Hand.
Wenn der Dortmunder OB Sierau zur Publikumsaussperrung beim Bundesliga-Spiel BVB-Schalke zitiert wird (RuhrNachrichten, 9.3.20) mit „Es geht um Leben und Tod der Zuschauer“, halte ich das für maßlos übertrieben und entspricht nicht der Wahrheit. Um Leben und Tod geht es, wenn mein Auto im Fluss versinkt und ich bekomme die Türen nicht auf.
Mit Ruhe und Gelassenheit hat das nichts zu tun.
Zur Relativierung: Es gibt oder besser gab auch Medizinkommentare von Ärzten, die vor drei Wochen seriös, wissenschaftlich fundiert und emotionslos erklärten, dass Corona-Viren nicht neu sind. Tatsächlich kennt die Wissenschaft in der Familie der Corona-Viridae .- Strahlenkranzviren – etliche Untergruppen, in der auch das aktuelle SARS-CoV 2 (Corona-Virus 2019) in der Gruppe der Beta-Corona-Viren einzuordnen ist. Es ist (von der Fledermaus) auf den Mensch übertragen und wird von diesen übertragen. (you-tube, 27.2.20, Coronavirus – Was Sie wissen sollten, Prof. Dr. Mang)
Es ist grippeähnlich, aber eben nicht exakt gleich. Das Virus ist nicht aufzuhalten, es ist bereits unter uns. Mang: “Es geht um die Welt“.
Erkenntnisse können allerdings erst wenige Wochen alt sein. Viele werden aus den jüngsten Chinesischen Auswertungen erhoben. Vertrauen wir dem aktuellen Informationsstand, ist zu berichten:
(Robert-Koch-Institut, www.rki.de) „Das mittlere (mediane) Alter unter den chinesischen Erkrankten liegt bei 51 Jahren und rund 78 % der Fälle sind zwischen 30 und 69 Jahren alt. Die unter-20-jährigen sind mit 2,4 % kaum betroffen. Das Infektionsrisiko ist in China für Männer und Frauen etwa gleich groß.“
Weiter:
„Risikogruppen für schwere Verläufe sind:
- Ältere Personen ab 50-60 Jahren,
- Raucher
- Personen mit Vorerkrankungen (des Herzens. der Lunge, etc )“
Aber auch: „Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland wird derzeit insgesamt als mäßig eingeschätzt“ (rki.de, 12.3.2020)
Es gibt Publikationen, die auf die aktuellen Grippe-Infizierten hinweisen.
„So sind in Deutschland seit Okt. 2019 119.000 Personen an Grippe infiziert, 17 % davon so schwer, dass ein Krankenhausaufenthalt notwendig wurde, mehr als 200 sind gestorben.“ (Spiegel-Online, 5.3.20, 12:07)
Wir wissen, dass die Grippe um uns herum existiert. Wir leben mit ihr. Reicht o.g. Erkenntnis, nun die Covid-19-Fälle zu verharmlosen, weil sie ähnlich wie die Grippe agiert?
Natürlich nicht, denn die Verharmlosung einer Krankheit wäre fahrlässig. Sie ist sehr wohl ernst zu nehmen. Aber darum geht es aktuell gar nicht.
Alle Maßnahmen, die getroffen werden, haben nur eins zum Ziel:
Die Ausbreitung von SARS-CoV 2 zu verlangsamen und zu verzögern.
„Dadurch soll die Zahl der gleichzeitig Erkrankten so gering wie möglich gehalten und Zeit gewonnen werden, um weitere Vorbereitungen zu treffen, wie Schutzmaßnahmen für besonders gefährdete Gruppen, Behandlungskapazitäten in Kliniken zu erhöhen, Belastungsspitzen im Gesundheitssystem zu vermeiden und die Entwicklung antiviraler Medikamente und von Impfstoffen zu ermöglichen.“ (www.rki.de, 12.3.2020)
Gem einer Grafik des Bundesgesundheitsministeriums soll die „unkontrollierte Ausbreitung“ verhindert werden, um mit eindämmenden Maßnahmen die Kapazität des Gesundheitssystems nicht zu überschreiten. (Bundesgesundheitsamt)
Mit anderen Worten: Der Schwerpunkt wird gelegt auf „Hilfestellung für die Gesundheitssysteme“, also auch und besonders für die hohe Anzahl der infizierten Menschen.

Die Entwicklung im Sport

Unter der oben letzterwähnten Zielvorgabe sind Absagen verständlich:
- Keine Zuschauer bei Bundesligaspielen
- Absage der Eishockey-Liga,
- Absage der Badminton-Masters
- Hamburg-Marathon soll verschoben werden (ndr.de, 12.3.20)
- Kein ATP-Tennis, kein Basketball, kein Handball (sportschau.de)
- usw.

Die Entwicklung im deutschen Korfball

Das RTB-Präsidium erklärte am Montag alle Sportveranstaltungen im RTB-Bereich für abgesagt.
Das DTB-TK Korfball beschäftigt sich mit dieser Thematik seit Wochen und beobachtet die Entwicklung. Übrigens kann man theoretisch viel überlegen, simulieren und vorplanen. Aber die blitzschnelle Entwicklung einer Mail oder einer Information an einem Tag, kann alles Geplante hinfällig machen.
Das DTB-TK Korfball beschloss daher in seiner Sitzung am 11.3.20 eine Teilabsage von Ligaspielen. Unter der sehr detaillierten Vorarbeit von Staffelleiter und TK-Mitglied „Wettkampf“ Jan Weber-Winkels wurde anhand verschiedener Einflussgrössen jedes Spiel analysiert und bewertet.
Dabei kam heraus:
Es sind Finalspiele DJS/DJC abzusagen, weil die WTB-Meister (wegen der Spielabsagen RTB) keine Gegner hätten. Die Regional- und Oberligaspiele sollten zu Ende gespielt werden. Dabei wurde der
Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales… vom 10.3.2020 beachtet. Da wir keine Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen durchführen, orientierten wir uns an der Weisung (keine Empfehlung, eine Weisung!):
„Bei Veranstaltungen mit weniger als 1.000 TN … ist eine individuelle Einschätzung….erforderlich.“ Weiter: „Bei der Auswahl konkreter Maßnahmen im Einzelfall ist insbesondre das Verhältnismäßigkeitsgebot zu beachten“
Wir orientierten uns an einer Checkliste für die Beurteilung des Risikos bei Sportveranstaltungen des Rheinisch-Bergsichen Kreises.
Danach waren Kriterien:
- wie viele Teilnehmer nehmen teil?
- sind Zuschauer und Spieler getrennt?
- wie lange dauert die Veranstaltung?
- gibt es Hygienemaßnahmen?
- gibt es namentliche Erfassung aller Besucher?
- und Vieles mehr.
Durch dieses Netz fielen Spiele, die wir absagen wollten. Wir wollten Spiele (ASG-Halle CR, Spieler und Zuschauer in einem Saal) verlegen in WBG-Halle CR (Zuschauer getrennt auf Tribüne) etc. etc. Wir wollten das Spitzenspiel TuS Schildgen gegen SG Pegsaus ohne Zuschauer stattfinden lassen, weil die Zuschauerproblematik „im Kleefeld“ als unzureichend eingestuft wurde. Und Vieles mehr.
Das TK beschoss am Abend des 11.3.2020 einen Maßnahmenkatalog, der am nächsten Tag hinfällig wurde.
DTB-Weisung, 12.3.2020, 15.35 Uhr: „Es werden alle nationalen Wettkampfveranstaltungen bis einschl. 5.4.2020 abgesagt und wenn möglich auf einen späteren Zeitpunkt verlegt“ (dtb.de)
Das führte dazu, dass (nach erneuter telefonsicher Nachfrage beim DTB) in einer TK-Online-Konferenz um 15:57 beschlossen wurde, alle DTB-Veranstaltungen abzusagen.
Um 16:01 folgte TK-WTB Korfball und sagte ebenfalls alle WTB-Spiele ab.
Fazit: Gestern konferierten drei Gremien parallel und kamen zu Ergebnissen. Das Management funktioniert sehr gut. Das Krisenmanagement auch. Darüber sind wir sehr zufrieden.
Über das Ergebnis nicht, auch wenn es alternativlos ist.
Es bleibt dem TK die Aufgabe, in nächster Zeit Lösungen zu suchen:
- der Korfball-Pokal kann als „erledigt“ abgehakt werden,
- aber wie ermitteln wir den RL-Meister, der zum IKF EuroCup fahrend darf?
- Gleiches gilt für den Vizemeister zu EuroShield?
- Und Vieles mehr.
Einiges wird/kann sich bei der Bundestagung Korfball am 19.4.2020 erledigt/beschlossen werden.
Viele Fragen bleiben heute noch ungeklärt. Vielleicht noch dies: der Deutsche Korfball hat weise und verantwortungsbewusst gehandelt. Danke an die Beteiligten.
Ruhe und Gelassenheit hatten die Oberhand.
Übrigens: Da DTB seine Lehrgangsmaßnahmen weiterhin durchführt, lassen wir unsere Trainingseinheiten der Nationalteams vorerst durchführen. Die „Verhältnismäßigkeit“ hat hier die Oberhand.

Die Entwicklung im internationalen Korfball

Info von gestern: Der niederländische Verband KNKV und der belgische Verband KBKB haben bis 31.3.20 alle Spiele und Trainingseinheiten abgesagt.
Das englische Korfballfinale ist in der Londoner Copper-Arena (wegen hoher Zuschauerzahlen) abgesagt.
IKF teilte am 10.3.2020 mit:
- U16/19-Asien-Meisterschaften sind abgesagt
- Wegen der besonderen (isolierten?) Lage in Friesland/NED findet U19-EM in Leeuwarden am 10-12.4.20 statt.
- Für den U17-WorldCup in Eindhoven Ende Juni wird mit einer Entscheidung im Mai gerechnet
- Am Beach-World-Cup in den Haag nehmen wir nicht teil, Entscheidung im Juni
- Die U21-WM in Taiwan steht unter besonderen Vorzeichen. Wir haben bereits vor Wochen Kontakt zum IKF aufgenommen. Im Februar war die Lage „entspannt“
Das ist sie heute auch noch. Taiwan ist eine Insel. Die Infektionsrate ist wegen der strikten medizinischen Vorsorge dort von 32 Personen (27.2.2020) auf 48 Personen (12.3.2020) eher sehr sehr unauffällig gestiegen.
Dennoch ist eine gewisse Sorge zu spüren.
Am 28.3.20 wird es eine Skype-Konferenz aller teilnehmenden Nationen geben, um ein Meinungsbild zu erfragen. Wir nehmen teil mit Lea Sander (TM U21) und Jochen Schittkowski (TK-Nationalteams)
Am 4.4. 20 wird das EXCO-Team IKF tagen um, einschließlich des Meinungsbildes der Teammanager) eine Entscheidung zu treffen.
Ich habe beschlossen, bis dahin keine Flugreisen für das Team nach Taipeh/Taiwan zu buchen.

Zum Schluss

Es bleibt also spannend. Ich halte Euch informiert, rate aber, siehe oben:
Bleibt gelassen und ruhig. Es gibt keinen Grund zur Panik. Spielabsagen sind ein so kleines Übel, dass es nicht lohnt, gesundheitliche Risiken einzugehen.
Befolgt die hygienischen Vorgaben: Händewaschen, und zwar mind. 30 Sek. (Wer zweimal „Alle meine Enten singt“, hat 30 Sek erreicht) (habe ich gelesen, weiß aber nicht mehr wo) In den Ellenbogen niesen, Händeschütteln vermeiden.
Hamstert keine Nudeln. Die Erde wird nicht von Außerirdischen angegriffen.
Dennoch: Experten sagen: die maximale Infektionswelle hat Deutschland noch nicht erreicht.
Meidet unnütze Kontakte. Vor Allem Risikopersonen sollten zuhause bleiben.
Danke, dass ihr bis hierher gelesen habt.
Jochen Schittkowski
TK-DTB-Nationalteams
13.3.2020