12. Oktober 2016

Interview mit Bundestrainer Henning Peuters

Am 22. Oktober startet die IKF Korfball Europameisterschaft im niederländischen Dordrecht. Korfball.de sprach mit Bundestrainer Henning Peuters über die Vorbereitung, die Ziele für das Turnier und Stärken und Schwächen des deutschen Kaders.
korfball.de: Am 23. Oktober startet die Europameisterschaft für die deutsche Korfball Nationalmannschaft mit dem Spiel gegen Gastgeber und Titelfavoriten Niederlande. Wie läuft die Vorbereitung?
Peuters: Gut bis sehr gut. Wir sind Ende Februar gestartet und konnten unser Team auf Basis der tollen Arbeit unserer Vorgänger Ruben und Vincent weiterentwickeln. Auch merken wir, dass die Konstanz beim Teammanagement und bei unseren Physiotherapeuten Gold wert ist. Vor dem Sommer konnten wir uns überzeugend für die EM qualifizieren und die Zusammenlegung mit der U23 war die richtige Entscheidung, sowohl für die jüngeren als auch für die älteren Athletinnen und Athleten. Es gab natürlich auch Rückschläge, z.B. die Verletzung von Johanna Gnutt bei der U23-WM oder von Tanja Krasemann vorletzte Woche. Wir freuen uns, wenn sie beide bald wieder auf dem Spielfeld zu sehen sind. Jetzt schließen wir am kommenden Wochenende die intensive Vorbereitungszeit ab. Wir machen stetig Fortschritte und entwickeln uns spielerisch und als Team weiter. Das Niveau der einzelnen Athletinnen und Athleten im Kader ist nahezu gleich hoch. Dies hat einen starken Konkurrenzkampf zur Folge und wirkt sich positiv auf die individuelle Entwicklung aus. Jeder will sich zeigen und für Spielzeit anbieten. Nicht zuletzt deswegen konnten wir am vergangenen Samstag gegen ein niederländisches "Hoofdklasse-Team" gewinnen.
korfball.de: In der Gruppe A spielt Deutschland gegen die Niederlande, Türkei, Russland und Katalonien. Wie schätzt du die Gruppengegner ein und wo steht Deutschland am Ende der Gruppenphase?
Peuters: Unser erklärtes Ziel ist das kleine Finale. Wir streben also den zweiten Platz in unserer Gruppe an. Dies wird sehr schwer und natürlich muss dafür Vieles zusammenpassen. Aber es ist möglich. Unser Team hat die Qualität dafür. Die Niederlande sind nicht schlagbar, aber alle anderen Teams können wir bezwingen. Gegen Katalonien haben viele von uns, auch ich, noch Rechnungen offen. In den letzten beiden großen Turnieren sind wir denkbar knapp an ihnen gescheitert. Jetzt sind wir heiß auf die Revanche. Die Türkei hat sich enorm weiterentwickelt und kann uns gefährlich werden. Russland ist auch sehr schwer zu schlagen, zumal sie über sehr gute Herren verfügen.
korfball.de: Ist ein Platz auf dem Treppchen realistisch für Deutschland. Welche Nationen sind für uns besonders gefährlich?
Peuters: Favorit auf Bronze ist sicherlich England. Ihre Konstanz auf hohem Niveau, ihre Erfahrung und auch speziell ihre Verteidigung sind beeindruckend. Sollten wir es ins kleine Finale schaffen und dann auf sie treffen, müssen wir unser Maximum erreichen, dann ist ein Platz auf dem Treppchen möglich. Aber daran denken wir erst, wenn es soweit ist. Es sind die Gruppengegner, auf die wir uns voll fokussieren.
korfball.de: Wie schätzt du den Kader ein? Mit einem Durchschnittsalter von 22,8 Jahren ist die Mannschaft sehr jung. Ein Nachteil oder sogar ein Vorteil? Wo liegen im Kader Schwachstellen und wo Stärken?
Peuters: Unsere Mannschaft ist trotz ihres jungen Durchschnittsalters sehr erfahren. Viele haben schon ein oder mehrere A-Turniere gespielt. Sie haben in der jüngeren Vergangenheit und auch in der Vorbereitung bewiesen, dass sie an Reife gewonnen haben. Manchmal kommt das „junge wilde“ noch zum Vorschein, aber das ist auch gut so. Sie können neue Dinge schnell umsetzen und entwickeln sich schnell weiter. Wir haben zudem die glückliche Situation die Qual der Wahl zu haben. Die Leistungsstärke der einzelnen Athletinnen und Athleten ist sehr dicht beieinander. So bleiben wir unberechenbar. Mit der Wechsel-Regel kann dies sogar entscheidend sein. Eine weitere Stärke ist unsere Verteidigung, auf der wir in der letzten Zeit den Fokus gelegt haben. Früher waren deutsche Nationalmannschaften auch wegen ihrer starken Verteidigung gefürchtet - da wollen wir wieder hin. Unsere Mannschaft ist in der Lage alle Herausforderungen spielerisch zu lösen. Wir bekommen viele Komplimente für die Art und Weise wie wir spielen. Es macht riesigen Spaß ihnen zuzuschauen und es ist auch noch effizient. Was gibt es Schöneres?
korfball.de: Mit dir und Jan de Jager als Co-Trainer stehen zwei neue Trainer bei der EM am Spielfeldrand. Was ist eure Spielphilosophie bzw. was ist unter euch anders?
Peuters: Jan ist nicht mein Co-Trainer sondern wir sind ein Trainerduo. Wir denken in die gleiche Richtung wie unsere Vorgänger und bauen darauf auf. Es gibt viele Wege zum Korberfolg zu kommen und Gegenkörbe zu verhindern. Wir halten es für verkehrt, den einen oder anderen Weg grundsätzlich auszuschließen. Bis vor ca. zwei Jahren ist die Entwicklung des Korfballspiels stehen geblieben. Es war statisch und unflexibel. Dies hat sich geändert, Ruben und Vincent haben die Dynamik in unser Spiel gebracht. Nun gehen wir diesen Weg weiter. Letztendlich geht es immer um die Beantwortung der Frage: Wie schaffen wir es am Besten Körbe zu erzielen und zu verhindern? Man muss auf das Team schauen und da war direkt klar, dass sie in der Lage sind dynamischen Korfball zu spielen und dadurch erfolgreich zu sein. Wir haben dem Team eine Basis, eine gewissen Rahmen, gegeben, worin sie dynamisch Spielen können. Dazu haben wir ihnen verschiedene Spieleröffnungen an die Hand gegeben. Die Zuschauer werden auch neue Angriffsverläufe sehen. Das Wichtigste ist immer die Qualität der Athletinnen und der Athleten und da sind wir momentan in einer sehr guten Situation. Sie sind sehr gut ausgebildet, wodurch wir sehr viele Möglichkeiten und Optionen haben und diese auch für den Erfolg nutzen wollen.
korfball.de: Letzte Frage: Wer wird Europameister und wer die Überraschung des Turniers?
Peuters: Die Niederlande! Wir!
korfball.de: Vielen Dank für das Gespräch.
Mehr Informationen zur deutschen Korfball Nationalmannschaft und zur anstehenden Europameisterschaft finden sich hier.
von hmenker