4. Juni 2016

EM-Quali R1 * Report 5 | Halbfinalsieg gegen Slowakei - Quali zur EM erreicht

Das Ziel ist erreicht: das Halbfinale ist gewonnen. Die Slowakei war der schlagbare Gegner, für den wir ihn vorher hielten. Ich wusste das vorher, denn vor zwei Jahren in Maia/Portugal hatten wir die Slowaken am 29.10.14 mit 26:9 besiegt. Und: so schnell kann sich kein Team entwickeln. Und noch mehr: wir sind besser geworden. Nach 8 Minuten führten wir mit 7:0. Und es war absolut verdient. Ich setzte noch einen drauf: So gute 10-Anfangsminuten habe ich von unserem Team in den letzten drei Jahren nicht gesehen. Alle sind happy, obwohl das Finale morgen noch gar nicht gespielt ist
Ich trinke grad mein 0,5 l-Bier für 99 Cent, habe auf das Bierglas mein Smartphone platziert und die „flashlight-App“ eingeschaltet, die für mich Schreibtischlampenersatz darstellt (weil es in keinem Zimmer eine Schreibtischlampe gibt), das Team „feiert“ unten die Qualifikation zur EM zusammen mit den Spielern aus Armenien während ich alleine auf dem 6 Flur sitze und schreibe – und doch ist hier die Welt in Ordnung.
Nach der 8:2 Führung sagt Thorben Hubmann, sorry Hussmann neben mir auf der Bank: „wenn das so weitergeht, ist gleich die Halle leer“. Tatsächlich hatten wir beim Heimspiel der Slowaken gegen den Turnierfavoriten Deutschland mit mehr Zuschauern gerechnet. Am Freitag, also einem Schultag, hatten die Veranstalter 300 Schulkinder in die Halle eingeladen. Und während der Schulzeit sind sie der Einladung gerne gefolgt, aber heute, am schulfreien Tag freiwillig zum Korfball gehen, kam dann doch wohl nicht in Frage. Jedenfalls waren nicht sehr viele Zuschauer in der Halle. Und die, die für die Slowakei fieberten, wurden schnell enttäuscht: Wir spielten einen souveränen Ball und dominierten das Spiel von Anfang an.
Zunächst noch zu Thorbens Nachnamen zur Aufklärung: Ich habe „Hussmann“ in der Rezeptionsanmeldung mit „ß“ geschrieben. Den Buchstaben gibt es aber in der Slowakei nicht, also hat man im Hotel aus „Hußmann“ einen „Hubmann“ gemacht, weil sich die Buchstaben eben ähneln. Natürlich ist so ein Lacher ein gefundenes “Fressen“ für das Team, ein „running gag“ während der Tage in Nitra.
Zurück zum Spiel: Wir wollten das Turnier ernst nehmen, wir wollten zeigen, dass wir hier dominant sind und jede Sekunde der Spiele hochkonzentriert spielen. Das galt aber eben nicht nur für die Spieler, sondern auch für die Bank. Wie schon zuvor wurde jeder Ball von den Trainern kommentiert und lautstark dem Auditorium mitgeteilt. Was glaubt ihr, wieviele „Das war guuuuut sooooo!“ ich gehört habe? Zum Spiel? Wir beherrschten es. Wir spielten eine erste Halbzeit wie im Bilderbuch. Zur Halbzeit ein 11:4, am Ende ein 22:6. Für ein Halbfinale nicht schlecht. Im ersten Halbfinale war es ein Spiel „mit der Brechstange“. Polen und Schottland gelangen erstens viel zu wenig Körbe, weil beide Teams krampfhaft spielten (Jan de Jager: „Das war kein Korfball“), sich immer nur mehr körperlich duellierten, als sportlich. Nur zum Ende setzten sich die Polen etwas ab und siegten 11:7. Um dies vorwegzunehmen: wir spielen also morgen im Finale gegen Polen.
Zum Schluss gratulierten uns die Trainer der Slowaken mit diesen Worten:“ Glückwunsch. Ihr habt natürlich verdient gewonnen, aber auch herzlichen Dank. Ihr habt unserem Team heute gezeigt, wie Korfball gespielt wird.“ Lassen wir uns gerne sagen. Ohne natürlich überheblich zu sein. Denn die Gegner, die uns unsere Grenzen aufzeigen, kommen erst in den Niederlanden mit England, Portugal oder Tschechien. Aber erst einmal genießen wir hier die Siege, Erfolge und Komplimente. Morgen können wir Turniersieger werden. Deutschland gewinnt ein Turnier? Muss schon lange her sein, oder? Fakt ist eben: wir müssen hier spielen und wir spielen hier. Und wenn wir es erfolgreich machen, genießen wir es auch.
Was gab es noch? Ach ja: eine schwache Schiedsrichterleistung. Von unserer Bank kamen während des Spiels diese Kommentare: „Ref., schau dir die Szene heute Abend mal im Video an!!“ Hart oder? Aber wenn man kontinuierlich mit Fehlentscheidungen konfrontiert wird, muss der Frust auch raus. Unser Kapitän schrie zwischendurch zum Jurytisch: „Er kennt die Regeln nicht“. Höhepunkt dieser Fehlleistung: Mitte 2. Halbzeit, Freiwurf für die Slowakei. Gedrängel am Kreis. Eine Skowakin schubst Anna Schulte weg…. und der Schiedsrichte zeigt Anna „gelb“. Da war aber Tumult in der Halle. Hat eben jeder gesehen, nur der Schiedsrichter nicht. Das Schlimmste: Tatsachenentscheidung: mit der Karte ist Anna Schulte jetzt belastet, auch wenn die IKF-Offiziellen später das Unrecht einräumten. Aus Frust warf Anna Sekunden danach dann unser 18:5.
Und noch dies: Wir kommen 4 Sek vor Schluss in Ballbesitz. Der Ball kommt in unsere Angriffshälfte zu Timon Orth. Die Uhr zeigt noch 2 Sekunden bis Spielende. Spiel vorbei. Timon denkt ( und alle schreien es) „ich vesuche es“. Er versucht es, wirft. Der Ball ist in der Luft. Der Weg zum Korb beträgt 13 m. Durch die Wurfkurve etwas mehr. Die Zeitsirene schrillt das Ende des Spiels in die Halle, wird durch die schlechte Akustik tausendfach reflektiert und erreicht gehörschadengefährliche Dezibel-Höhen. Egal: der Ball ist in der Luft (nach Regelwerk noch im Spiel) senkt sich und rauscht durch die gelbe Plastikräuse, ohne auch nur einmal dessen Rand berührt zu haben. Das sind natürlich keine Glückswürfe, sondern das ist wahres Können. Wir reißen nicht nur wegen des Sieges die Arme hoch. 22:6 gewonnen. Im Halbfinale dieser EM-Quali. Ziel erreicht. Wir fahren zur EM. Ach ja. Morgen noch das Finale gegen Polen. Daran denken wir noch nicht.
Im Spiel gegen die Slowakei starteten die Coaches heute mit dieser Aufstellung:
Erster Angriff:
Sven Müller
Dominc Düring
Karen Fuchs
Jana Kierdorf
Erste Verteidigung:
Timon Orth
Stefan Eckloff
Johanna Gnutt
Anna Schulte
Alle Spieler wurden eingesetzt.
Korbschützen im SVK-Spiel
Anna Schulte5
Johanna Gnutt3
Steffen Heppekausen3
Jana Kierdorf2
Karen Fuchs2
Johanna Peuters2
Timon Orth2
Sven Müller1
Thorben Hussmann1
Dominic Düring1
Gute Nacht aus Nitra, Slowakei, ABC-Hotel, Zimmer 607 B, Jochen Schittkowski